Wie Wale durchs Meer treiben, trieben die Wolken am Himmel, langsam, kraftvoll, majestätisch. Ich saß an meinem Küchentisch und sah ihnen zu und versuchte zu fassen, was unser Bewusstsein nie fasst: Die Wirklichkeit.
Die Natur ist heilsam, wenn die ganze Seele brennt. Manchmal auch ein gutes Buch, ein kluger Film, eine Tasse Tee auf dem Sofa – und stille, friedlich, wissende Stille.
Das Fenster durch das ich sah, war von einem Platz in meiner Küche, wie ein Gemälde. Ein Gemälde mit immer neuen Themen. Heute waren es die Wolken, die über einen Streifen Siedlung, eine hinter Bäumen verborgene Schnellstraße, die Pferdekoppel, die Wiesen und Gärten zogen.
Es waren weiße Wolken, Cumuluswolken, die mich eher an Schafe, als an Wale hätten erinnern müssen. Aber in meinen Gedanken war das nicht entscheidend. Die Wolken trieben ins Ungewisse, wie die Wale. Manchmal trieben sie auf eine Küste zu, um zu verenden, aber auch, wenn das geschah, sie trieben gemeinsam und das machte ihr Glück aus.
Ich nahm einen Schluck Grüntee aus der Tasse vor mir und stellte sie wieder ab.
Es war ein schöner Morgen, ich hatte das Buch zu Ende gelesen, welches mich die letzten Tage beschäftigt und berührt hatte. Ein einfacher Roman, den man nur fühlt, wenn man „es“ kennt.
Mancher Text ist erlitten, mancher nur geschrieben. Mancher braucht Licht, um zu strahlen und mancher leuchtet aus sich selbst. Mir hatte dieser Roman geleuchtet. Wie damals „Roßhalde“ von Hesse, wie „Victoria“ von Hamsun oder die „Schwere Stunde“ von Mann. Alles Geschichten, die nicht blendeten, alles Geschichten die nicht im Licht eines Nobelpreises badeten. Mir hatten sie, jede zu ihrer Zeit, die Tür zu einem tieferen Verständnis geöffnet.
Ich war froh, nach langer Zeit, ein solches Buch wieder gefunden zu haben. Und ich war froh, um diesen Moment.
Ich spürte deinen Blick und sah zu dir hinüber. Du lächeltest, mit diesem Blick in mein Herz, dem ich nichts verbergen kann.
Und draußen trieben die Wolken vorbei, wie helle Wale, die durchs Meer treiben.
Ende
11/19 PGF
Klasse Ausdrücke hab ich in diesem Beitrag gefunden – und das Beste dran, alles authentisch für meine Wahrnehmung. Lob!
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Herzlichen Dank 🙂 Die Geschichte gibt es als Ganzes. Zu finden über die Seitenleiste.
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Ja, ich bin noch am Suchen wo was und so…
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Auch, wenn Suchen mehr Spaß macht 😉
https://zeilenportal.com/1-2-2/1-titel/
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Ich suche nicht unbedingt so gerne, in dem Fall war es mir das wert und just hatte ich gerade gefunden, bevor deine Antwort kam 😉 DANKE.
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🙂
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Nun habe ich die ganze Geschichte am Stück gelesen und sie gefällt mir sehr. Ich mag deinen unaufdringlich tiefgehenden Stil und die Bilder und Gefühle, die ein Schreiben in mir erzeugen. Die Basis für ein Buch, das ich gerne lese, stimmt für mich definitiv und da hänge ich mich nicht an Kleinigkeiten auf. Auf jeden Fall weitermachen, bitte!
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Danke dir, das sind die Rückmeldung, die beim Weitermachen helfen 🙂
Für eine wirkliche Veröffentlichung, gibt es sprachlich und strukturell natürlich einiges mehr zu tun.
Schönen Abend!
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So viel mehr gibts da nicht mehr zu tun. Wie gesagt, die Basis ist prima, darauf kommt es an, der Rest ist machbar.
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Warum die Buckelwale singen, ist bis jetzt ein Ratsel. Da die Gesange ausschlie?lich von Mannchen zur Paarungszeit stammen, glauben Forscher, dass sie damit vielleicht Weibchen anlocken oder sich mit Konkurrenten abstimmen.
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